Aufgaben und Pflichten des Paten

Das Amt des Paten aufwerten

Die Übernahme einer Patenschaft ist eine sehr grosse moralische und ethische Verantwortung. Jeder Pate ist verpflichtet sich besonders zu bemühen und nur solche Kandidaten vorzuschlagen, die durch ihr Tun, durch ihr Handeln und durch ihre persönliche Einstellung der Loge und der Freimaurerei Ehre und Fortbestand sichern.

M. A. G.(Schweizer Freimaurer-Rundschau: November 2004)

Als Präparator meiner Loge fühle ich mich gedrängt, etwas zum Thema Paten beizutragen. Darum auch eine kleine Einführung und Erklärung des Amtes des Präparators. Gemäss Freimaurer Lexikon von Lennhoff und Posner übt der «Vorbereitende», auch Experte genannt, eine der wichtigsten Logenfunktionen aus. An ihm ist es, die Suchenden vor ihrer Einweihung in eindringlichster Weise «vorzubereiten», ihnen Führer in den Tempel und auf den «Reisen zum Licht» zu sein und ihnen die ersten Instruktionen zu erteilen. In vielen Logen bleibt der Vorbereiter Mentor der Neuaufgenommenen bis zur Erlangung des Meistergrades.

Diese zuletzt erwähnte Aufgabe wird in unserer Loge vom Paten übernommen. Und es muss jedem Bruder Freimaurer klar sein, welche wichtige Aufgabe er mit der Übernahme einer Patenschaft zu erfüllen hat.

Meine Vorstellungen über die Wichtigkeit des Paten gehen sehr weit, und darum beginne ich gleich mit einer, vielleicht nicht allen genehmen Definition: Der Pate ist kein Beamter – aber so wichtig wie der Meister vom Stuhl oder noch wichtiger – denn er ist derjenige, der die neuen Brüder, so genannte Neophyten, in die Freimaurerei einführt, sie ständig betreut und ihnen auch nach der Erhebung zum Meister weiter zur Verfügung steht.

Die Aufgabe des Paten könnte, kurz gefasst, wie folgt definiert werden: «Der Bruder Pate ist der Schmied des ihm anbefohlenen Neophyten, indem er ihn meisterlich begleitet, führt, formt und prägt – zum echten Freimaurer». Diese kurze Definition vermag aber nicht das ehrenhafte und dankbare Amt des Paten in seiner ganzen Wichtigkeit zu umschreiben.

Die Übertragung des Patenamtes an einen Meister- Maurer bedeutet für diesen eine Ehre, eine Anerkennung, aber auch ein Vertrauensbeweis der Loge. Pate wird ein Meister genannt, der sich gegenüber seiner Loge für die Würdigkeit eines Suchenden einsetzt und für diesen Kandidaten die Bürgschaft übernimmt bis zur Erreichung des Meistergrades. Wohl kaum ein Amt wird im Logenleben so leichten Herzens übernommen, wie dasjenige des Paten – und wohl kaum eine Verpflichtung wiegt schwerer als diese.

Der Lehrmeister

Mit der Übernahme der Paten- und Bürgschaft beginnt für den Meister-Maurer eine zielstrebige Führungs- und Erziehungsarbeit, die der Entwicklung der Persönlichkeit, und der Herzensbildung zu wahrer Menschlichkeit und Brüderlichkeit des Schützlings förderlich sein soll, um aus ihm einen wirklichen Freimaurer zu machen.

Sind wir uns bewusst, dass die Loge in erster Linie maurerische Werkstätte ist? Arbeiten kann nur ein Meister-Maurer, der sich auf diesem (seinem) Arbeitsplatz und in den Werkzeugen auskennt. Nur der Meister-Maurer, dem das freimaurerische Gedanken- und Lehrgebäude selbst zum Erlebnis geworden und nun Teil seines Lebens ist, vermag andere zu belehren, zu führen. Patenschaft heisst, maurerische und menschliche Verantwortung für einen Suchenden, einen Kandidaten und einen Mitbruder zu übernehmen, während eines längeren Zeitraumes. Patenschaft heisst aber auch, sich einem Menschen zu nähern und auf sein Wesen einzugehen. Denn: der Charakter des Menschen sitzt nicht im Verstande, sondern im Herzen.

Jeder Kandidat – möge er auch ein an profanen Jahren noch junger Mann sein – der den Entschluss gefasst hat, sich in den Freimaurerbund aufnehmen zu lassen, ist eine mehr oder minder stark geprägte Persönlichkeit. Ihr gilt es, sich mit Takt und menschlichem Einfühlungsvermögen zu nähern. Nicht umsonst sind Humanität, Toleranz und wahre Menschenliebe Säulen des maurerischen Lehrgebäudes: Sie gilt es nun praktisch anzuwenden bei der freimaurerischen Weiterbildung und Erziehung des Neophyten. Dazu gehören ausserdem: Feingefühl, ehrliche Brüderlichkeit und der feste Wille, Vorbild zu sein.

Die sieben Pflichten des Paten

In der Verfassung der Schweizerischen Grossloge Alpina, Artikel 55, steht zur Bedeutung des Paten: «Jede Aufnahme eines Kandidaten ist an die Bedingung geknüpft, dass ein Freimaurer im Meistergrad als Pate für ihn bürgt. Geschieht dies nicht, so darf das Aufnahmeverfahren nicht fortgesetzt werden».

Die Pflichten des Paten selbst sind in der Regel im Gesetzbuch der einzelnen Logen festgeschrieben. Hier als Beispiel die Formulierung der Loge Catena Humanitatis im Artikel 81:

Der Pate hat folgende Pflichten: Er betreut seinen Anbefohlenen bis zur Erhebung in den Meistergrad. Er ist für die Einführung seines Anbefohlenen in die maurerischen Gebräuche und Formen verantwortlich. Er hilft seinem Anbefohlenen, den Kontakt mit der Loge und den Brüdern herzustellen. Er überwacht dessen Teilnahme bei den Logenarbeiten und Instruktionen. Er hält seinen Anbefohlenen zu den notwendigen Besuchen bei andern Logen an und begleitet ihn wenn möglich dabei. Er steht ihm nötigenfalls bei der Abfassung der Promotionsarbeiten bei, hilft ihm bei der Erläuterung des Katechismus und ist dafür verantwortlich, dass sein Anbefohlener die Prüfungsfragen beherrscht. Der Pate stellt Antrag auf Beförderung oder Erhebung seines Anbefohlenen. Er hat sich von den üblichen Daten selbst zu überzeugen, ist aber in seinen Entschlüssen völlig frei.

Ich möchte diese Pflichten etwas ausführlicher wie folgt umschreiben und zur echten Pflicht für jeden Paten erhoben sehen.

Es sind sieben Stufen oder genauer gesagt sieben Pflichten, die ein Pate erfüllen muss, um seiner verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden

Pflicht Nr. 1: Der Pate muss sofort nach seiner Wahl mit dem Kandidaten in Kontakt treten und um ein Gespräch ersuchen. Der Pate erläutert dem Suchenden das Wesen der Freimaurerei und einer Loge. Er gibt ihm einen groben Überblick über unsere Arbeiten. Er erläutert, dass die Freimaurerei eine Anleitung zur Lebensgestaltung ist und dass man als Freimaurer Toleranz üben muss.

Der Pate wird aber auch darlegen, was die Loge von ihren Mitgliedern verlangt, nämlich einen untadeligen Leumund, aber auch selbständiges Denken. Auch im ersten Gespräch soll der Neophyt wissen, dass man von ihm Präsenz an den Arbeiten verlangt und dass er einen Abend pro Woche für die Freimaurerei frei zu halten hat. Aber auch über die finanziellen Konsequenzen muss dem Kandidaten klarer Wein eingeschenkt werden. Der Pate muss dazu kommen, den Suchenden genau zu kennen. Er muss wissen, welche Beweggründe ihn bewogen haben, sich um eine Mitgliedschaft zu bemühen. Der Pate muss auch abschätzen können, ob der Kandidat in der Loge Befriedigung finden wird. Und ob er eine Bereicherung für die Loge sein kann. Kurz gesagt: der Pate muss die Eigenschaften des Kandidaten beurteilen, um sich ein Bild machen zu können, ob sich der Suchende bei uns wohl fühlt.

Pflicht Nr. 2: Eine der wichtigsten Aufgaben des Paten ist die Einführung des Neophyten in die Loge. Es ist seine Aufgabe, den Kandidaten zu Hause abzuholen, mit ihm irgendwo einen Kaffee zu trinken, ihm in Ruhe, mit Respekt und Würde zu begegnen. Einmal im Logengebäude kann sich der Pate an die Weisungen des Präparators halten. Aber ebenso wichtig ist es, dass der Pate einige wenige Tage nach der Aufnahme ein Gespräch mit dem neuen Lehrling sucht und ihm Red und Antwort steht – es dürften sich beim Lehrling viele Fragen angesammelt haben.

Pflicht Nr. 3: Der Pate überwacht die Präsenz des Neophyten an den Logenveranstaltungen. Er ist verantwortlich für die Weiterbildung und die Beförderungen. Dazu gehören die Pflicht zur Begleitung des Lehrlings zu Konferenzen, zu Besuchen fremder Logen und der Instruktionen. Der Pate wird den Neophyten auch beim Studium der erhaltenen Literatur unterstützen und mit ihm das Buch des Lehrlings durcharbeiten. Das gleiche gilt selbstredend auch beim Gesellen. Der Pate hilft bei der Suche nach einem Thema für die Beförderungsarbeit und gibt beim Erarbeiten der Promotions-Baurisse Hilfestellung. Er stellt auch die entsprechenden Anträge auf Beförderung und Erhebung.

Pflicht Nr. 4: Diese Pflicht könnte man am besten mit dem freimaurerischen Knigge umschreiben. Es gilt, dem Lehrling die maurerischen Formen beizubringen und ihn darüber zu instruieren, dass die Loge einen hierarchischen Aufbau hat und dass dies die Einhaltung bestimmter Regeln beinhaltet. Die alte Regel, wonach der Lehrling im ersten Jahr eher zuzuhören als zu reden hat, soll sinnvoll interpretiert werden.

Pflicht Nr. 5: Diese Regel schliesst sich eng an die vorhergehende an. Sie umfasst den Gruss, die korrekte Anrede, aber auch Takt und Toleranz. Auch über diese Pflichten muss der Lehrling instruiert werden. Takt sollte der Lehrling, sofern die Auswahl einigermassen funktioniert hat, eigentlich mitbringen – aber gewisse Regeln, die spezifisch gelten, sind vielleicht zu vermitteln – oder mindestens zu kontrollieren. Dazu gehören auch die Besonderheiten des schriftlichen Verkehrs mit der korrekten Anrede. Es ist wichtig, dass Lehrling und Geselle bereit sein müssen, bestimmte Regeln in der Loge zu beachten und einzuhalten. Querschläger, Störenfriede, Selbstdarsteller und solche Menschen, die polarisierend wirken, können das Logenleben empfindlich stören.

Pflicht Nr. 6: Der Pate muss seinem Schützling das Gefühl der brüderlichen Zusammengehörigkeit vermitteln und Vertrauen schaffen. Diese Eigenschaften sind für ein gedeihliches Logenleben unabdingbar. Ein jeder Bruder muss sicher sein, dass er sich ohne Bedenken äussern kann und dass seine Meinung respektiert wird. Notwendig sind brüderliche Aufmerksamkeit, Offenheit und Verschwiegenheit – diese sind eine Voraussetzung für Vertrauen und Zusammengehörigkeit.

Pflicht Nr. 7: Diese Pflicht kann als Anteilnahme und Hilfsbereitschaft interpretiert werden. Der Der Geselle, Handlithografie (keramischer Druck) von Otmar Alt. Leitfaden für den Paten Pate steht seinem Schützling nahe. Er merkt, wenn dieser von Sorgen geplagt wird oder einen Kummer hat. Das gleiche gilt auch bei beruflichen Problemen, heute besonders aktuell bei Arbeitslosigkeit. Der Pate wird in solchen Fällen und auch bei persönlichen Problemen seines Schützlings der brüderliche Berater sein und versuchen, soweit das möglich ist, auch zu helfen. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Pate sich bewusst sein muss, dass nicht Wort, Zeichen und Griff und die Beherrschung der formalen Äusserlichkeiten den Freimaurer ausmachen, sondern vielmehr sein Verhalten in der profanen Welt.

Vier Maximen

Hier stelle ich noch vier Maximen zur Diskussion, die für den Paten wichtig sind und die er seinem Schützling weitergeben soll:

Maxime Nr. 1: Die wichtigste Voraussetzung für die Förderung der Motivation bei anderen ist meine Eigenmotivation. Sind wir uns bewusst, dass die Loge in erster Linie maurerische Werkstätte ist? Arbeiten kann nur ein Meister- Maurer, der sich auf diesem (seinem!) Arbeitsplatz und in den Werkzeugen auskennt. – Nur der Maurer-Meister, dem das freimaurerische Gedanken- und Lehrgut selbst zum Erlebnis und Teil seines Lebens geworden ist, vermag Dritte zu belehren, zu führen und zu erziehen. Kurz ausgedrückt: Ich bin Vorbild.

Maxime Nr. 2: Nicht das Erreichen eines Zieles, sondern das stetige Vorwärtsgehen ist wichtig. Mit der Übernahme der Paten- und Bürgschaft beginnt für den Meister-Maurer eine zielstrebige Führungsund Erziehungsarbeit, die der Entwicklung der Persönlichkeit, Herzensbildung, wahrer Menschlichkeit und Brüderlichkeit des Schützlings förderlich sein soll, um aus ihm einen wirklichen Freimaurer zu machen. Kurz ausgedrückt: auch mit der Beförderung zum Meister, bin ich noch nicht mit meiner eigenen Erziehung zu Ende.

Maxime Nr. 3: Ich beziehe meine Endlichkeit in meine Zukunft ein und lebe so bewusster und erkenne einen tieferen Sinn im Leben. Kurz gesagt: Ich bin stolz auf alle Entscheidungen und Erfahrungen, bei denen ich den Mut hatte, sie zu treffen und wahrzunehmen.

Maxime Nr. 4: Die Langsamkeit verstärkt meine kreative Seite und lässt mich bei der Umsetzung Zeit sparen. Oder: Langsam sein heisst, Ruhe bewahren, meine Probleme oder Ziele genau studieren und Lösungen zu Ende denken.

Ich schliesse mit der wichtigsten Maxime für den Paten: Die Übernahme einer Patenschaft ist eine sehr grosse moralische und ethische Verantwortung. Jeder Pate ist verpflichtet, sich ganz besonders zu bemühen um seinen Schützling mit Ruhe, Respekt und Menschlichkeit zu betreuen und ihn dann, in der Überzeugung das Richtige zu tun, zur Beförderung vorzuschlagen, sicher, dass sein Schützling durch sein Tun, durch sein Handeln und durch seine persönliche Einstellung zur Loge und zur Freimaurerei Ehre und Fortbestand der Freimaurerei sichern hilft.

Die Übertragung des Amtes als Paten bedeutet für den Bruder Meister eine grosse Ehre, eine Anerkennung, aber auch der Vertrauensbeweis seiner Loge. Er setzt sich für die Würdigkeit eines Suchenden ein und übernimmt die Bürgschaft bis zur Erreichung des Meistergrades – und darüber hinaus. Kein anderes Amt wie dasjenige des Paten hat die gleich grosse Verantwortung und Verpflichtung. Ich wünsche jedem Bruder Meister, dass er eine Patenschaft übernehmen kann. Er wird maurerische und menschliche Verantwortung für einen Suchenden übernehmen und er wird einen Kandidaten über längere Zeit begleiten, er wird aber diesem Menschen auch näher kommen und auf sein Wesen eingehen und er wird erkennen, dass der Charakter eines Menschen nicht im Verstand, sondern in seinem Herzen liegt.

Ich möchte jeden Paten dazu anhalten, insbesondere die zwei Publikationen der Grossloge Alpina (Faltprospekt «Freimaurerei») und dort ganz besonders den Abschnitt «Was Maurerei nicht ist» zu lesen und dem Lehrling beizubringen. Zudem den kleinen Faltprospekt «Freimaurerische Gebote».