Die Geheimnisse und das Geheimnis der Freimaurerei
Ein Bruder Freimaurer legte vor langer Zeit ein Stück vor, in welchem er die profane Öffentlichkeit mit freimaurerischem Gehalt konfrontierte. Das Einweihungsritual der Freimaurer wurde nicht genau wiedergegeben, aber doch alle wesentlichen Elemente. Diese öffentliche Darlegung führte in den verschiedenen Logen zu heftigen Diskussionen und schliesslich im Zusammenhang mit Anfeindungen aus der profanen Welt auch zu Austritten. Hat Bruder Wolfgang Amadeus Mozart mit der „Zauberflöte“ die „maurerische Verschwiegenheit“ gebrochen oder das „(Einweihung-)Geheimnis“ der Freimaurer verraten?
H.-U. H. – Catena Humanitatis, Zürich (Schweizer Freimaurer-Rundschau: April 2009)
Verschwiegenheit und Geheimnis
Im Gelübde bei der Aufnahme in den Freimaurerbund geloben wir …“die Sinnbilder und Gebräuche der Freimaurerei getreu in meinem Herzen zu bewahren und nie einem Uneingeweihten zu entdecken“… Geheim gehalten werden sollen also einerseits die Sinnbilder und die Gebräuche, andererseits laut der Werklehre aber auch die Erkennungszeichen sowie die organisatorischen Belange der Loge. Um dem Thema näher zu kommen ist grundsätzlich, wie das auch die Grossloge tut, zwischen „maurerischer Verschwiegenheit“ und „(Einweihungs-) Geheimnis“ zu unterscheiden.
Die maurerische Verschwiegenheit
Die Verschwiegenheit hat auch im profanen Leben in vielen Bereichen eine wichtige Bedeutung. Wir denken hier beispielsweise an die allgemeine Verschwiegenheit zwischen Freunden oder die Verschwiegenheit in der Schule und Familie, aber im Speziellen etwa auch an das Arzt- und Anwaltsgeheimnis. Im Gesetz (Artikel 321 des Schweizerischen Obligationenrechts) wird gar darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer in bezug auf die Geschäftsgeheimnisse auch nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Verschwiegenheit ist somit ein Begriff, der im privaten wie beruflichen Umfeld gebräuchlich ist. Mit seiner Beachtung will man sich und weitere Personen vor Wissensmissbrauch und damit vor Schaden schützen. Wir erfassen demnach Verschwiegenheit vorerst einmal als Selbsterkenntnis oder Auftrag, das heisst als eine organisatorische Aufgabe ohne esoterischen Gehalt.
Die maurerische Verschwiegenheit Die Verschwiegenheit hat auch im profanen Leben in vielen Bereichen eine wichtige Bedeutung. Wir denken hier beispielsweise an die allgemeine Verschwiegenheit zwischen Freunden oder die Verschwiegenheit in der Schule und Familie, aber im Speziellen etwa auch an das Arzt- und Anwaltsgeheimnis. Im Gesetz (Artikel 321 des Schweizerischen Obligationenrechts) wird gar darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer in bezug auf die Geschäftsgeheimnisse auch nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Verschwiegenheit ist somit ein Begriff, der im privaten wie beruflichen Umfeld gebräuchlich ist. Mit seiner Beachtung will man sich und weitere Personen vor Wissensmissbrauch und damit vor Schaden schützen. Wir erfassen demnach Verschwiegenheit vorerst einmal als Selbsterkenntnis oder Auftrag, das heisst als eine organisatorische Aufgabe ohne esoterischen Gehalt. Geheimnissen“, die jeder mutwillig ausplaudern könnte, wenn er eben nicht verschwiegen wäre. Wir erkennen also die „maurerische Verschwiegenheit“ als eine Vielzahl von einzelnen Pflichten und Übung zur Tugend und Selbsterziehung.
Das (Einweihungs-)Geheimnis
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist ein Geheimnis etwas, was geheim bleiben soll und nicht jedermann zugänglich ist. Nach der Sprachlehre steht das Wort ‚Geheimnis‘ jedoch in direktem Bezug zum lateinischen Wort ‚Mysterium‘ und umschreibt grundsätzlich das geheimnisvolle, mit dem Verstand nicht ergründbare Geschehen, es ist also eher eine Gefühlssache. Bezüglich des „Einweihung-Geheimnisses“ erkennen wir teilweise ebenfalls eine Zweiteilung, die von den Brüdern unterschiedlich gewichtet wird. Einerseits haben wir die Symbole sowie die rituellen Handlungen einer Einweihung, die alle eine grosse traditionelle Bedeutung haben und in vielen öffentlich zugänglichen Büchern beschrieben sind. Andererseits liegt dem „Einweihungs-Geheimnis“ aber auch ein hoher esoterischer Gehalt zugrunde, der nur für Eingeweihte geistig und gefühlsmässig zugänglich ist und hauptsächlich durch regelmässige rituelle Arbeiten in der Loge vertieft wird. Diese Zweiteilung erwähnt übrigens Imhof im oben zitierten Satz, wenn er bezüglich dem Gelöbnis und der Aufnahme eines Neophyten neben den ‚Geheimnissen‘ in gleichen Zusammenhang und Satz eben auch die „Mysterien der Freimaurerei“ erwähnt. Diese Zweiteilung ist auch um schreibbar mit dem Titel „Die Geheimnisse und das Geheimnis der Freimaurerei“. Das „Einweihungs-Geheimnis“ steht aber im Zusammenhang mit einer Einweihung und kann nur in diesem Kontext von Bedeutung sein. Aus diesen Erwägungen ist das subjektiv-empfundene Erlebnis bei einer Einweihung wohl von sehr grosser Bedeutung, es ist DAS Geheimnis oder noch markanter „Es gibt kein Geheim-nis der Freimaurerei, sondern die Freimaurerei ist das Geheimnis.“ Wenige Brüder sind der Meinung, dieses „Einweihung- Geheimnisses“ speziell feinfühligen Menschen erläutern zu können. Nach der Sicht eines strengen Freimaurers sei ein Bruder also in der Lage, es zu verraten. Persönlich glaube ich das nicht, gerade so wie es einem Manne unmöglich ist, die Gefühle einer gebärenden Frau zu verstehen.
Die Bedeutung
Brüder schreiben den Geheimnissen der Freimaurerei verschiedene Bedeutung und Gewichtung zu. Eine alleinige Sicht auf die öffentliche freimaurerische Literatur, ohne Einbezug der persönlichen Empfindungen, könnte den Schluss zulassen, das ‚Einweihungs-Geheimnis‘ bestehe lediglich aus der Preisgabe von Zeichen, Wort und Griff sowie den Fragen und Antworten des 1. Grades. Radikale Betrachtungsweisen gehen beispielsweise soweit, der Freimaurerei etwelche Geheimnisse ganz abzusprechen, andere sehen schon in der öffentlichen Bekennung zum Bund einen Verrat.
Die Frage nach dem Sinn der „maurerischen Verschwiegenheit“ oder eines freimaurerischen Geheimnisses ist legitim und höchstinteressant. Es wäre beispielsweise zu hinterfragen, was wäre wenn wir alle Mitgliederlisten oder „Zeichen, Wort und Griff“ öffentlich bekannt geben würden? Was würde es für die Freimaurerei bedeuten? Was würde dies für mich persönlich bedeuten? Persönlich hätte ich damit absolut keine Probleme. Es würde mich als Freimaurer nicht verändern, aber vielleicht das Verhältnis der Profanen zur Freimaurerei im positiven Sinne. Ich berücksichtige aber in solchen Fragen ja nicht nur mich, sondern auch meine Mitbrüder. Wichtig ist der Respekt vor Brüdern, die sich durch zu weit gehende Informationen in ihren Gefühlen verletzt fühlen. Die Anliegen dieser Brüder sind ernst zu nehmen und zu berücksichtigen. Es gibt Dinge, die wir nicht sagen können, unser Erleben bei der Aufnahme, und es gibt Dinge, die wir nicht sagen sollten, weil wir nicht damit rechnen dürfen, dass sie überhaupt verstanden werden können. Wir sollten auf jeden Fall an der Tempeltüre, wie wir dies an der privaten Wohnungstüre tun, eine Grenzlinie ziehen. Die so genannt besonderen Umstände, „Zeichen, Wort und Griff“ sowie die Mitgliedschaft anderer Brüder beispielsweise sind Tabus, die gegenwärtig nicht zur Diskussion stehen. Wir sollten der profanen Welt klar machen, dass auch wir Anspruch auf die Wahrung einer Intimsphäre haben. Der Grad der Öffentlichkeit muss aber der Zeit entsprechen, jede Zeit verlangt eine andere Imagepflege, indes sicher auch ein zeitgerechtes Gelübde und Ritual. Gerade das Gelübde darf nicht im Widerspruch zur Zeit und zum Zeitgeist stehen. Es kann doch wohl nicht sein, dass ein Bruder nicht nennen darf – sofern er denn will – was Profane kennen sowie öffentlich erwähnen. Und der Bruder deshalb in tiefe Gewissensnot gelangt und dadurch sich als mutmasslicher Verräter fühlt, sich und den Bund nicht in im Zeitgeist einordnen kann und somit schliesslich das Interesse am Bund verliert. Ich sehe weder zu Mozarts noch zu unseren Zeiten einen Widerspruch zwischen öffentlicher freimaurerischer Imagepflege sowie den Geheimnissen und dem Geheimnis der Freimaurerei. Selbst wenn „alle“ Geheimnisse der Öffentlichkeit bekannt wären, wird die Freimaurerei ein Geheimnis bleiben, das „fühlt“ jeder Freimaurer, ohne dass er es „weiss“ und im Detail erklären kann.