Der schwarze Mozart
Eine moderne Oper zum 250. Geburtstag von Wolfgang Amadé Mozart
A. P., Loge Freundschaft und Beständigkeit, Basel (Schweizer Freimaurer-Rundschau: Januar 2006)
Wir soll man den 250. Geburtstag von Wolfgang Amadé Mozart begehen. Eine Frage, die sich auch der Basler Komponist Andreas Pflüger gestellt hat. Für ihn lag es nahe, einen unverwechselbaren zeitgenössischen Bezug herzustellen. Mozarts Musik ist unsterblich und sie wird auch in 700 Jahren noch aktuell sein. Wodurch aber könnte sich eine Begegnung mit Mozart im Jahre 2006 auszeichnen?
Mozart bat seinen Vater explizit in seinen Briefen um mehr lustige Anekdoten, weil er auf gute Laune angewiesen sei beim Komponieren. 200 Jahre später findet man Mozarts Kompositionen in musikalischen Hausapotheken. Die Heiterkeit der Klassik hilft gegen die Depressionen des 21. Jahrhunderts- Die Vorstellung eines Partyvogels als Schöpfer göttlicher, unsterblicher Melodien passt ins Konzept unserer Zeit. Das ganze Leben eine Party, jeder ein potentieller Mozart. Mozart wurde von der Pop- und Spasskultur vereinnahmt. Spasseshalber kann man in der Wiener Kärntnerstrasse sogar einem als Mozart verkleideten Schwarzen begegnen. Spätestens hier wird die Spasskultur abgründiger.
Man kann sich bei dieser Gelegenheit beispielsweise an einen Zeitgenossen Mozarts erinnern. Den Afrikaner Angelo Soliman. Gebürtig aus Nordnigeria, katholisch getauft und 1733 nach Wien gekommen, starb er 1796 als hoch geachteter Wiener Bürger und kaiserlicher Offizier. Er galt Zeit seines Lebens als schönster Mann Wiens. Seine Biographie wurde aber vor allem deshalb berühmt, weil ihm nur Stunden nach seinem Tod auf allerhöchstes Geheiss die Haut abgezogen und auf einen hölzernen Körper gespannt wurde. Solimans Hülle posierte bis 1848 als ausgestopfter «Afrikaner» in der Naturaliensammlung Franz II. Ausserdem ist über Soliman bekannt, dass er zu Lebzeiten in derselben Freimaurerloge verkehrte, wie Mozart. Vermutlich war er sogar das Vorbild für den Mohren Monostatos in der «Zauberflöte».
Die Oper «Der schwarze Mozart» spielt im Jahre 2006. Hauptperson ist Patrick, ein als Mozart in der Wiener Kärntner Strasse arbeitender Afrikaner. In der ersten Szene sehen wir Patrick in seinem Alltag. Er entnimmt der Waschmaschine das frisch gewaschene Mozart-Kostüm. Es folgen Szenen in denen Patrick erfahren muss, dass er als weissgesichtiger Mozart besser behandelt wird als unverkleideter Schwarzer. Er wird fotografiert, von Touristen zum Essen eingeladen und lernt eine amerikanische Touristin kennen, die seine Freundin wird.
So sehr ihm diese Entwicklung gefällt, so sehr wächst in ihm der Neid auf jenen Komponisten, dem noch nach 200 Jahren mehr Achtung entgegen gebracht wird, als ihm. «Ich komme mir vor, wie die Schokoladenfüllung in einer Mozartkugel». Patrick will mehr wissen über seinen Widersacher und besucht das Wohnhaus Mozarts. Prompt wird er über Nacht eingeschlossen.Weil er Geräusche hört, flüchtet er sich unter die Kopfhörer mit den Hörproben und steigert sich so unfreiwillig in einen Mozartrausch. Er schminkt sich ab und zieht sich um. Die Polizei, die von der Museumsleitung gerufen wird, findet das leere Kostüm. Sie glaubt Patrick nicht, dass er als Schwarzer darin gesteckt hat und verdächtigt ihn eines schweren Verbrechens. Im Gefängnis begrüsst ihn im Spiegel sein schwarzes Ebenbild und stellt sich selber als Soliman vor. Soliman überreicht ihm ein merkwürdiges Instrument. «Damit wirst Du auch ohne Kostüm geliebt». Patrick beginnt das Instrument zu lernen, mit dem Ziel, Mozart zu übertreffen. Er will in der Fussgängerzone stehen und mit seiner eigenen Musikalität über die kleine Nachtmusik triumphieren, die da jeden Tag von irgendeinem Japaner zum Besten gegeben wird.
Tatsächlich bringt er es im Gefängnis innert kürzester Zeit zu beachtlicher Virtuosität. Als schwarzer Mozart, der Klassik und eigene Improvisationen wild und sinnlich mischt, wird er schnell zur Kultfigur. Seine Freundin ist seine perfekte Managerin. Patrick wird krank und im Fieberwahn erscheinen ihm der historische Mozart und der historische Soliman und beklagen ihr Nicht-Sterben-Können, ihr Fremdsein. In die ganze Geschichte spielt aber auch das Hauptmotiv der Milos Forman- Verfilmung, der Neid des Durchschnittsmenschen auf das unsterbliche Ausnahmetalent Mozart. Indem der vom Neid befallene Patrick zugleich auch ein diskriminierter Schwarzer ist, wird das Neid-Motiv jedoch schwieriger zu verurteilen. Dem Neid verspürenden Patrick würden wir- im Unterschied zu Salieri – aus Motiven politischen Gerechtigkeitsempfinden den Erfolg durchaus gönnen. Aber statt zu Mozart, kann Patrick im Verlauf der Handlung doch höchstens zu einem Monostatos werden, beziehungsweise zu dessen historischem Vorbild Soliman. Das ist kein Geschichtspessimismus, sondern der Versuch, zu zeigen, wie sehr unser Denken motivisch in den Spuren unserer Vergangenheit gefangen ist. Nicht aus Notwendigkeit, sondern aus Faulheit. (Nach einem Text von Lukas Holliger, der das Libretto zu dieser Oper geschrieben hat.
Die Uraufführung dieser Oper «Der schwarze Mozart» findet an Mozarts Geburtstag, dem 27. Januar 2006, in der Kaserne Basel statt.Weitere Aufführungen am 28. Januar und am 4. und 5 Februar. Vier Aufführungen sind in St. Ursanne am 16, 17. 23. und 24. September vorgesehen. In Winterthur im Theater am Stadtgarten stehen zwei Aufführungen auf dem Programm, nämlich am 1. und 2. November 2006.